Aufräumen – Kabine aufklaren

Wir machen uns an die „Lagerkabine“ achtern Backbord. Die soll für Franz frei werden. Bei mir ist am meisten Platz in den beiden tiefen Lagerboxen unter der Koje. Als ich die Matratzen hochhebe, steht das Wasser auf dem Holz und auch die Matratzen sind total nass von unten. Hoffentlich haben wir in Horta Sonne, dann muss alles raus an die Luft.

36 Seemeilen sind es noch bis Horta. Ich halte immer wieder Ausschau, aber es ist noch nichts zu sehen. Sicher in einer Stunde. Wir jagen buchstäblich mit Motor und unter Segeln bei vier Windstärken im Halbwindkurs zum Ziel. Jetzt freue ich mich auch drauf. Alles mal durchlüften, waschen lassen, und wieder frische, saubere, trockene Klamotten haben.

Land in SichtDSC03653

Um 13.15 sehe ich einen leichten Schatten. Nur auszumachen, wenn man weiß, dass da Land kommen muss, noch 20 Meilen. Die Spannung steigt. Warum eigentlich? Um 15.30 bergen wir die Segel, bringen die Fender und Anlegeleinen aus, um 16.10h legen wir an der Tankpier an. Feierabend. Wir können liegen bleiben, um acht morgen früh gibt’s wieder Sprit. Dann können wir uns nach achtern verholen, wenn die Nachbarn weg sind. Johann macht das einklarieren, ich telefoniere mit Gabi. Dann trinken wir unseren Anleger, duschen an Bord, weil die Duschen weit weg und vermutlich schon geschlossen sind. Um 19.30 Bordzeit gehen wir ins Café Peter Sport. Die legendäre Seglerkneipe. Ein Muß für jeden Neuankömmling. Dort werde ich mein Tagebuch per Email an Gabi los.

Halt, die Uhr müssen wir noch umstellen. Die Azoren gehören zu Portugal und haben die gleiche Uhrzeit, obwohl es eine andere Zeitzone ist. Also die Uhr zwei Stunden vorstellen. Jetzt ist es 21.30 Uhr, zwei Stunden früher als in Deutschland. Auch daran merken wir, dass wir uns der Heimat nähern.

Café Peter Sport

IMG_0176Das Café ist knallvoll, nur draußen über der Straße auf der Freiterrasse ist noch Platz. Johann will lieber rein. Wir gehen erst mal weiter, einen Geldautomaten suchen. Als wir zurückkommen, ist ein Tisch frei geworden. Johann hat sich gleich drauf gestürzt. Es ist eine urgemütliche Bar, die Wände voll behängt mit Gästewimpeln aus aller Welt. Horta auf der Insel Faial ist der erste Anlaufhafen für Segler aus allen Richtungen. Aus der Karibik und Amerika, aus Europa, vom englischen Kanal bis zu den Kanarischen Inseln. Und Café Sport wiederum ist die erste Anlaufstelle in Horta.

Tanken – Waschen – Einkaufen

Freitag, 8. Juli

Nach einer halben Stunde kommt Johann hoch. Ziemlich verschlafen. Ich hole fünf Kanister aus dem Vorschiff zum Befüllen. Den Steuerbordmotor können wir ja nur zum An- und Ablegen benutzen. Also haben wir nur 200 Liter im Tank. Johann meint immer, da muss noch was reingehen, wenn der Tank voll ist und prompt schwappt es über und ergießt sich ins Hafenbecken. Der bunte Ölfilm breitet sich aus, gut sichtbar. Schnell ein paar Spritzer Spülmittel darüber verteilt und es ist nichts mehr zu sehen. Das Wasser ist entspannt. Was da genau passiert, ob das Diesel so auch unschädlich gemacht wird, glaube ich nicht. Der Tankwart hält uns einen Vortrag über Umweltschutz. Recht hat er. Mir ist das aber auch schon passiert.

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Um halb fünf breche ich mit dem Fotoapparat auf und schlendere an der Promenade entlang und durch die Gassen. Um halb sechs wollen wir uns an der Wäscherei treffen. Es ist interessant, sich so einen Ort mal in Ruhe anzusehen, die Kirchen, Plätze, Häuser. Die alten Bauten erzählen mir, dass die Stadt vor 200 oder 300 Jahren wohlhabender war. Alte Villen, von verfallen bis aufwändig restauriert, Kirchen notdürftig unterhalten.

Franz kommt – unser vierter Mann

Um halbzwölf sehen wir jemanden mit Rucksack und Tasche am Steg. Franz ist da. Ein großer, kräftiger Bayer Mitte Fünfzig. Er bezieht gleich seine Kabine. Zum Essen braucht er nichts, aber ein Bier wäre nicht schlecht. Dann zwei, drei, vier. Ich habe mich schon lange ausgeklinkt, war präsent, wollte aber nichts mehr trinken, hatte heute schon mehr als genug. Gegen eins bin ich in die Kiste. Die drei sind nochmal abgetaucht ins Café Peter Sport. Da war Tanz mit Livemusik. Um halb fünf sind sie wieder gekommen. Muss schön gewesen sein und Franz ist somit auch schon integriert. So einfach geht das. Da tue ich mir schwerer.

Samstag, 9. Juli

Die Handwerker waren gestern da, haben sich angeschaut, was alles zu machen ist und wollten heute um neun Uhr da sein. Vielleicht kommen die bei Regen nicht. Johann ruft an, um zehn sind sie da, trinken einen Kaffee und sind wieder weg.

Um elf gehen wir zusammen einkaufen im Supermarkt. Diesmal schauen wir nicht so sehr auf den Preis, wir wollen qualitätsbewusst einkaufen, mehr frisch, kaum noch Konserven. Es sind ja nur 8 Tage geplant. Bis auf Sprudelwasser bekommen wir alles. Ab 200 € liefern sie zum Hafen. Wir waren fleißiger, als gedacht. 340 € haben wir ausgegeben. Plus die 100 € von gestern. Nobel!

Wandern – Natur erleben

20160709_171027Ich will noch etwas von der Insel sehen. Peter kommt mit. Wir wandern die Promenade entlang bis zum Ortsende und dann den Berg hoch. Es geht ziemlich steil nach oben, auf einem schmalen Pfad, den wir nur per Zufall gefunden haben. Ein wunderschöner Höhenwanderweg, vorbei an kleinen Weiden, am Wegesrand blühen Wandelröschen und Glockenblumen und die Aussicht ist ein Traum. Die höheren Regionen sind in den Wolken.

Ganz oben laufen wir auf dem Bergkamm entlang fast bis zum Ende, Richtung Pico, der Nachbarinsel. Der Pico ist 2300 m hoch und die Spitze fast immer in Wolken gehüllt. Wir laufen bis zur Steilküste. Vorsichtig taste ich mich mit den Füßen vor und halte mich an einem großen Heidestrauch fest. Ich bin nicht schwindelfrei. Peter traut sich etwas weiter, er ist Bergsteiger. Schließlich kehren wir um und laufen die Serpentinenstraße herunter zur Stadt.

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Sonntag, 10. Juli

….

Als ich hoch komme, hat Johann schon den Frühstückstisch gedeckt, Franz kommt gerade mit einem Sack voll Brötchen und einem Brot für die nächsten zwei Tage. Wir frühstücken, Peter kommt eine Stunde später.

Mit Franz schrubbe ich Agate ab. Das gefällt ihr. Befreit vom Salzwasser, etwas shampooniert, blinkt sie wieder. Trotzdem haben wir deutliche Spuren hinterlassen, hartnäckige Flecken, die wir ohne speziellen Kunststoffreiniger und Wurzelbürste nicht weg kriegen. Das machen wir dann, wenn wir in Portugal angekommen sind. Johann sitzt im Internetcafé und surft auf seiner Facebookseite.