Unser Boot habe ich auf dem Weg in den Urlaub verkauft. Das lässt mir keine Ruhe. Aber ich habe schon ein Nachfolgeboot gefunden, eine VIKO 20. Kleiner und handlicher als unsere INA. Natürlich bin ich jetzt gespannt, wie es sich segelt. Es ist mit 6,1 m gut einen Meter kürzer und mit 850 Kg gut halb so schwer wie die TES 720. Wie stabil wird es im Wasser liegen? Ist es überhaupt Ostseetauglich? Kann ich mich trauen, auch mal weitere Schläge zu segeln? Jetzt will ich es wissen.

Aufbruch

Samstag, 25. August

Das Boot wartet. Ich habe „Gabi“auf Vordermann gebracht: Autopilot eingebaut, neue Schaltpaneele und Steckdosen, eine neue 150 Ah Batterie, einen soliden Anker, Bimini, Kompass und alle Lichter auf LED umgerüstet.

Drei Wochen will ich auf der Ostsee segeln, ohne Plan, ohne Leistungsdruck. Einfach nur auf dem Wasser sein, egal ob segeln, vor Anker, unter Motor irgendwo anlegen und wandern. Hauptsache ist, mich an das neue Boot zu gewöhnen und mal wieder alleine zu sein. Das bringt mich auf neue Gedanken, erweitert meinen Horizont. Am 12. September wird Wolfgang kommen und wir segeln die letzten drei Tage zusammen.

Morgens um acht Uhr fahre ich los. Die Fahrt ist angenehm mit dem leichten Gefährt. Bei Kassel mache ich einen ersten halt und kontrolliere die Gurte. Dabei fällt mir auf, dass die Schiebeluke am Niedergang offen steht. Es hat kräftig herein geregnet. Ich habe den Niedergang nicht abgeschlossen und so schob sich die Luke beim Bremsen alleine auf.

Abends um sechs komme ich am Olympiahafen Schilksee an. Ein erster Rundgang hat mich beeindruckt. Eine riesige Anlage mit top Ausstattung und eine rege Betriebsamkeit von Menschen vieler Nationalitäten. Der Hafenmeister erklärt, dass gestern die WM in der Laserklasse zu Ende ging.

Ich stehe abseits auf einem großen Parkplatz und bereite das Boot zum Slippen am nächsten Tag vor. Anschließend steht das Klarinette üben auf dem Programm. Das wird wohl ein wesentlicher Bestandteil meines Törns werden. Wie komme ich überhaupt dazu, mit 64 Jahren Klarinette zu lernen? Sie kam einfach so auf mich zu! Anfang August waren wir auf einem Kunsthandwerkermarkt im Aschaffenburger Schloßhof. Ich blieb an einem Stand hängen, wo Mittelalterliche Musikinstrumente angeboten und vorgespielt wurden. Das Chalumeau hat mich fasziniert. So klein wie eine Blockflöte, jedoch mit dem weichen Klang einer Klarinette. Tatsächlich ist das Instrument der Vorläufer der Klarinette. Ich hab das Teil gekauft und zwei Wochen fleißig geübt. Aber ich merkte schnell, dass meine breiten Hände zu wenig Patz haben für die engen Fingersätze auf der kleinen Tröte. Jetzt war ich aber schon so infiziert, dass ich mir eine Billigklarinette “made in China” bestellt habe.Letzten Samstag kam sie per Post. Jetzt will ich natürlich damit spielen. Das klingt jedoch nicht sehr erbaulich für die Nachbarn. Deshalb schließe ich alle Schotten und versuche es möglichst leise. Nur auf See kann ich nach Herzenslust tröten.

Sonntag, 26. August

Um sieben Uhr fahre ich zum Slippen. Vor der Rampe rigge ich auf und bereite Leinen und Fender vor. Das Aufriggen geht alleine ganz gut. Ich muss nur die Mastlegevorrichtung mit einer Leine mittig fixieren. Dann bekomme ich einen „Quarantäneplatz“ in der letzten Hafenecke (wegen der Klarinette). Die Liegegebühr kostet 10 €, die Benutzung der Slipanlage ebenfalls.

Laut Wettervorhersage soll es morgen noch ziemlich blasen. Deshalb werde ich wohl zwei Hafentage einlegen.

Zeit ist bedeutungslos

Dienstag, 28. August

Die Bedingungen sind ideal. Drei Beaufort aus Nordost bei einem Generalkurs von 330 Grad heißt, hoch am Wind zu segeln. Morgens kaufe ich noch etwas ein. Gegen 12 Uhr werfe ich die Leinen los.

Ich bin angenehm überrascht ob der guten Segeleigenschaften. Aber an die Enge unter Deck muss ich mich erst noch gewöhnen. Bei 0,4m Welle läuft Gabi natürlich unruhiger als ein 7m Boot, aber ich habe ja Zeit, kann auf günstige Bedingungen warten.

Um 17 Uhr laufe ich in der großen Bucht bei Maasholm ein und werfe den Anker. Himmlische Ruhe- von meinem Getröte abgesehen.

Ich koche mir einen Eintopf. Das ist praktisch, weil ich so Geschirr und Wasser zum abspülen spare. Hackfleisch, eine Dose gehackte Tomaten, ein Beutel Sauerkraut und einen Beutel Kartoffelpüree. Das ganze mit nur einem Topf und einem Löffel und dann auch noch aus dem Topf gegessen. Ich bin ja alleine. Gabi sähe das gar nicht nicht gerne. Und weil ich der Einfachheit wegen immer mehrere Portionen koche, fülle ich eine Portion in Tupperware für die Kühlbox und eine Portion lasse ich im Topf für morgen. Das ist Ökonomie!

Mittwoch, 29. August

Die Nacht war ruhig, der Anker hielt gut. Nach der Klarinettenlektion gibt es Frühstück und gegen 10 Uhr gehe ich Anker auf zur benachbarten Moderizki Werft. Dort belegte ich eine rot gekennzeichnete Box, weil ich dringend eine Toilette brauche. Anschließend frage ich im Büro nach einem Liegeplatz. Mit der Frage ist das Personal offensichtlich überfordert. Jedenfalls wollen die wohl keine Gäste für nur einen Tag. So fahre ich zur Marina Maasholm nebenan und finde einen Platz an der Außenseite von Steg F. Der ist eigentlich für große Schiffe gedacht. Die kleinen 9m Plätze sind im Innenhafen, vorletzter Steg. Liegegebür 10 €.

Am Nachmittag wandere ich zwei Stunden einen Rundweg zum gut Oehe. Dort sind wir vom Campingplatz aus der anderen Richtung schon gelaufen. Die See ist aufgewühlt, der Wind bläst mit 5-6 aus Ost. Ein schöner Weg am Strand entlang.

Donnerstag,30. August

Es regnet schon seit Morgengrauen unaufhörlich. Ich glaube, ich bin ein Weicheisegler, mag bei dem Wetter nicht raus. Wo soll ich dann mit den nassen Klamotten hin? In der Kajüte ist nach ein paar Stunden Regen ohnehin schon alles klamm. Wie soll das nur bei einer ganzen Regenwoche werden? Heute bin ich also mehr oder weniger auf den drei Quadratmetern gefangen. Klarinette, Tagebuch und lesen vertreiben mir die Zeit. Gegen Abend hört der Regen auf und ich vertrete mir die Füße.

Freitag, 31. August

Heute brennt mir die Sonne auf den Pelz. Ich wollte nach sonderborg, aber das sind 5 Stunden gegen den Wind. Am Sonntag soll der Wind günstiger stehen, mit zwei aus Nordost. Am Nachmittag ist plötzlich lebhaftes Treiben auf dem Steg. Es ist Wochenende. Jetzt scheue ich mich, auch bei geschlossener Kajüte Klarinette zu spielen. Also lege ich um 16 Uhr ab und fahre wieder in die ruhige Bucht nebenan. Oh wie wohl ist mir am Abend…

Ich koche mir Nudeln, einen Beutel Schinkenwürfel und die Champignons, die ich am Dienstag vor der Abreise In Schilksee kaufte. Die müssen dringend weg. Schmeckt gut, und wieder eine Portion für morgen. Ein Abendlied über den See klingt den Tag aus. Mir hat’s gut gefallen und die Nachbarn waren ein paar hundert Meter weit weg.

Samstag, 1. September

Um halbacht stehe ich auf. Habe unruhig geschlafen. Das Wasser ist spiegelglatt. Kaffee kochen ist jeden Morgen das erste Ritual. Heute verbringe ich den Tag auf dem Boot. Ohne Beiboot bin ich quasi gefangen, wenn ich nicht mit Gabi an ein Ufer komme. Hier ist alles mit Schilf bewachsen, bis ans Ufer moorig und schlammig. Ein Kiesstrand wäre ideal, um mit Gabi mit hochgezogenem Kiel und Ruder rückwärts ans Ufer zu fahren und knietief an Land zu gehen. So wird das ein „Klarinettentag“. Zwischendurch essen, schlafen, schauen.

Am Abend lasse ich den Tag bei einem Glas Rotwein ausklingen und gehe früh schlafen. Morgen will ich zeitig los.

Teures Dänemark

Sonntag, 02. September

Um sechs Uhr stehe ich auf, um sieben gehe ich Anker auf. Ich motore bis zum Leuchtturm und setze draußen die Segel. Generalkurs etwa 330 grad bei Windstärke zwei aus West. Es wird eine gemütliche Überfahrt bei ca. 50cm Welle.

Ich lege um 13:30 Uhr in der Marina Sønderborg an. Beim Anlegen bin ich ziemlich gestresst, obwohl es bei so wenig Wind eigentlich einfach ist. Die langen Heckleinen auszubringen und sie dabei richtig zu führen, ohne dass sie sich irgendwo verheddern, ist mir bis jetzt noch nicht gelungen. Und wenn etwas schief geht, reiht sich ein Fehler an den anderen. Alleine segeln ist eben eine Herausforderung. Mit Gabi hat das immer gut geklappt. Sie weiß, wo sie anpacken muss und dann bin auch ich entspannter und komme fehlerfrei in die Box.

Ich ruhe mich etwas aus und erkunde anschließend das Städtchen. Sehenswert ist eigentlich nur die Strandpromenade mit den herausgeputzten Häusern. Der Schock kam, als ich zurück war und beim Hafenmeister das Liegegeld bezahlte. 22 € will er für ein 6m Boot haben, incl. einer Duschmarke. Die Liegeplätze werden nach Breite berechnet. 2,10 m Kosten 14 € und 2,90m 18€. Solche Plätze gibt es aber vermutlich nur auf dem Papier. Ich fand jedenfalls nur 3,20m breite Boxen für 21€. Im Vergleich zu 10 € in Maasholm oder Schilksee ist das schon unverschämt. Ich habe deshalb gar keine Lust mehr, Als zu umrunden und will schnellstmöglich wieder in heimatliche Gefilde.

Heute steht das Gulasch von Gabi auf dem Programm. Sie hat mir vier Gläser eingekocht. DANKE! Es schmeckt hervorragend.

Montag, 3. September

Nach einem zweistündigen Spaziergang in Richtung der großen Bucht, an einem größtenteils bewaldeten Uferweg wärme ich das restliche Gulasch von gestern. Ich genieße es, ohne Zeitdruck unterwegs zu sein, zu wandern, zu faulenzen oder zu lesen und, wann und wo immer es zumutbar ist, Klarinette zu üben. Vor allem mag ich keine Gewalttörns mehr mit möglichst vielen Meilen und bei jedem Wetter.

Ich habe mir gestern die Fußnägel geschnitten und vermutlich dadurch eine Nagelbettentzündung eingefangen. Meine Kräutergabi hat mir Betaisadonnasalbe und ferrum phosphoricum empfohlen und das werde ich auch tunlichst anwenden. Ich habe nämlich keine Lust auf Arztbesuche. Gabi hat mir eine erste Hilfe Tasche gepackt mit Salben , Tabletten und Globuli für alle Fälle.

Um 16 Uhr lege ich ab und will versuchen, noch bis Maasholm zu kommen. Der Wind bläst mit drei aus Süd. Das Boot krängt bei am Wind Kursen extrem. Es wird richtig ungemütlich, auch weil sich Gabi in den Wellen feststampft. Ich entschließe mich zur Kursänderung zur Geltinger Bucht. Dort sollte ich einen halbwegs ruhigen Ankerplatz finden.

Um 19 Uhr werfe ich den Anker neben einem Vereinshafen vor Wackerballig, geschützt vor den nunmehr südwestlichen Winden, aber doch ziemlich unruhig. Trotzdem genieße ich das Ankern immer wieder, weil ich so nahe an der Natur und vor allem ungestört die Ruhe wirken lasse. Morgen muss ich allerdings wieder Strom tanken. Die Kühlbox zehrt doch kräftig an der Batterie. Ich hoffe, bei zeitigem Aufbruch nach Strande zu kommen. Dort kann ich mir vom benachbarten Parkplatz Schilksee das Auto holen und endlich den ganzen Ballast abwerfen, den ich nicht brauche und mir gleich die zweite Luftmatratze mitnehmen. Die jetzige muss ich nämlich stündlich aufpumpen und das lässt keinen erholsamen Schlaf zu.

Ruderbruch

Dienstag, 4. September

Es ist sieben Uhr. Es wird Zeit aufzustehen, obwohl ich gar keine Lust habe. Es windet stark.

Zunächst schaffe ich Ordnung. Das ist auf so einem kleinen Boot besonders wichtig, sonst findet man sich überhaupt nicht zurecht. Um acht Uhr hole ich den Anker auf und will zunächst zwei Meilen Abstand von der Küste bekommen in Richtung des Leuchtturms, bevor ich Kurs auf Strande nehme.

Nach fünf Minute klappert es am Ruder. Es hängt nur noch in der oberen Verankerung. Die untere ist abgerissen. So etwas dürfte auf offener See nicht passieren. Aber auch jetzt habe ich alle Mühe, die Sache notdürftig zu reparieren. Ich habe natürlich wieder die falschen Schrauben dabei. Der Werkzeugkoffer ist vollgepackt, aber die passenden Schrauben habe ich nicht. So muss ich mir mit Flickwerk behelfen und hoffe, damit zum nächsten Hafen, am besten zu einem Servicebetrieb zu kommen. Kappeln wäre die nächste Möglichkeit. Das passt mir auch ganz gut, denn ich habe den Wind schon wieder auf der Nase und ein Meter hohe Wellen. Das macht nicht wirklich Spaß.

Eine volle Stunde hat die Bastelei an meinen Nerven gezehrt. Aber die Fahrt hat die Mühen entschädigt. Um 14 Uhr bin ich in Kappeln und muss bis 14,45 Uhr warten, bis die Brücke öffnet. Kurz nach 15 Uhr lege ich bei der Mittelmannswerft an und gebe die Reparatur in Auftrag. Eigentlich müsste das Boot aus dem Wasser und ein neuer Bolzen angeschweißt werden. Aber ich bevorzuge die günstigere Variante, eine passende Schraube drehen zu lassen. Ob das günstiger wird, muss sich erst noch zeigen. Morgen soll es erledigt sein, meint der Servicechef.

Ich laufe einen idyllischen Uferweg ca. 15 Minuten nach Kappeln und besorge mir ein Sortiment von Edelstahlschrauben mit passenden Muttern und Beilagscheiben, dann kaufe ich ein paar Lebensmittel ein und esse unterwegs einen Backfisch mit Pommes.

Die Schlei – ein idyllisches Binnenrevier

Mittwoch, 5. September

Für halbacht hat sich der Mitarbeiter angesagt. Ich muss also zeitig aufstehen und etwas aufräumen. Um neun Uhr kommt er endlich. Derweil konnte ich noch duschen. Er schaut sich die Sache an, misst, skizziert und schlägt mir schließlich vor, einen Bolzen anfertigen zu lassen. Das sei die günstigste Lösung. Der muss allerdings in einer anderen Werkstatt gedreht werden. Bis zum Abend wird es wohl dauern.

Also wandere ich am Ufer entlang gute drei Kilometer nach Arnis. Das hat mir Andreas empfohlen. Es soll ein schönes Städtchen sein. Der Weg dorthin verläuft größtenteils entlang der Schlei, vorbei an malerischen Häuschen und Bauernhöfen bis zur fünf-Sterne-Marina. Das Städtchen besteht im wesentlichen aus dem großen Vereinshafen bzw. Marina und einer malerischen Hauptstraße mit Pappel-Kopfbäumen. Es ist die kleinste Stadt Deutschlands. In einer Bäckerei nehme ich mir ein Brot und einen kleinen Streuselkuchen mit.

Gegen 12 Uhr bin ich zurück und esse frisches Brot mit Leberwurst und Käse. Um 16 Uhr frage ich im Büro mal vorsichtig nach, wann denn die Schraube fertig wird. Das war aber höchste Zeit, denn die meinten, die Schraube sei zwar fertig, aber sie wird erst von einem Mitarbeiter kurz vor Feierabend mitgebracht. Die Montage müsste dann morgen passieren. Nach langem betteln gab der Chef die Anweisung, die Schraube gleich abzuholen. Und das Ruder heute noch zu reparieren.

Um 17 Uhr ist alles erledigt. Ich bezahle nur den liegeplatz. 15 € will er haben. Dafür ist die Dusche inclusive. Hier in Stadnähe ist es wohl allgemein teurer. Im benachbarten Segelverein kostet der kleinste Liegeplatz unter 9m 16 € ohne Dusche.

Um 17:45 passiere ich die Klappbrücke und fahre hinunter bis Maasholm. Gegenüber der Marina werfe ich den Anker. Hier ist es steinig. Man muss aufpassen. Aber dafür habe ich keine Probleme mit dem Seegras, das sich um Ruder und Propeller wickelt. Am Abend steht noch eine Stunde Klarinette auf dem Programm, dann Abendessen (wieder Brotzeit mit Leberwurst) und ein kühles Bier dazu. Der Wind bläst kräftig, aber der Anker hält gut.

Die Grenzen des Kleinkreuzers

Donnerstag, 6. September

Um halbacht komme ich aus den Federn und schaue im Windfinder nach dem Wetter. Heute ist nicht ans segeln zu denken. Jedenfalls nicht mit Gabi. Wind aus SE mit 4-5, in Böen 6. Da müsste ich drei Tage kreuzen bis Strande. Also fahre ich hinüber in die Marina Maasholm. Aber zuvor tröte ich noch eine Stunde auf der Klarinette. Hier hört mich keiner.

Das Festmachen läuft allmählich routinierter ab. Wenn man den Hafen schon kennt, fährt man auch entspannter hinein. Ich koche mir Reis mit Putenbrust, Ananas und Paprika in süßsaurer Tomatensauce. Das ganze war dann eher eine dicke Suppe, hat aber gut geschmeckt.

Eigentlich wollte ich heute wandern, aber jetzt bin ich müde und Pflege meinen Mittagsschlaf. Um 15 Uhr trinke ich Kaffee und esse ein Stück von dem Streuselkuchen, den ich gestern in Arnis gekauft habe.

Dann schreibe ich mal wieder mein Tagebuch, gehe eine halbe Stunde spazieren und im Nu ist es wieder Zeit zum Abendessen.

Der Wind hat ordentlich zugelegt. Angesagt war Windstärke fünf, das dürfte aber ein strammer Sechser sein. Über Nacht soll es regnen und bis morgen früh sollte sich das Wetter beruhigen. Wind mit vier aus Südwest ist vorhergesagt und wäre ideal für meinen Kurs nach Strande. Hoffentlich bleibt es auch dabei. Sehr zuverlässig waren die Vorhersagen der letzten Tage nicht.

Freitag, 7. September

Heute habe ich sehr unruhig geschlafen. Es war windig und hat seit zwei Uhr unaufhörlich geregnet. Deshalb musste ich die Vorschiffluke geschlossen halten. Dann wird es aber schnell stickig in dem kleinen Boot.

Um acht stehe ich auf. Ab 10 Uhr soll der Regen aufhören. Dann will ich startklar sein. Ich koche mir einen Kaffee und wie immer, fülle ich mir auch die Thermoskanne für unterwegs. Dann entsorge ich den Müll und hole mir frische Brötchen. Um neun hört der Regen auf und um halbzehn fahre ich los mit Ziel Strande.

Als ich den Leuchtturm passiere, merke ich schon, dass ich gegen ordentliche Wellen ansegeln muss und der Wind kommt auch nicht aus Südwest, sondern aus Süd. Ohweh! Das wird ein ungemütlicher Ritt. Ich setze meinen Kurs ab auf 160 Grad, aber Gabi mag nicht so hoch am Wind segeln. Das ist ihre größte Schwäche. 60 Grad zum wahren Wind sollten es schon sein, wobei sie auch dann noch extrem krängt und nur schwer Kurs zu halten ist. Bei 70 Grad beginnt es, Spaß zu machen.

Ich hole die Segel wieder ein und fahre unter Motor. Gegen Wind und 60-80 cm Wellen komme ich nur auf drei Knoten Fahrt nach der Logge und nach GPS über Grund sogar nur auf 2,5 Knoten. Ich brauche also mindestens sieben statt fünf Stunden und dafür reicht mir der Sprit nicht. So beschließe ich, die Marina in Damp anzusteuern, um zu tanken. Das sind nur sechs Meilen und von dort aus hätte ich einen günstigeren Kurs zum Wind. Es sieht ziemlich düster aus am Himmel. Da braut sich was zusammen, aber die letzte Meile vor der Marina wird etwas ruhiger, weil ich näher an der Küste bin.

Um halbeins bin ich an der Marinatankstelle, aber der Hafenmeister ist erst um eins wieder aus der Mittagspause zurück. Solange mache ich Brotzeit. Die Marina ist nicht meine Kragenweite. Es riecht nach Luxus und mir jedenfalls ist die Anlage viel zu groß. Um Halbzwei bin ich wieder unterwegs. Inzwischen hat der Wind doch noch auf Südwest gedreht, sodass ich fast halbwind segeln kann. Mein neuer Kurs ist jetzt 140 Grad und es ist ein sehr angenehmes Segeln, eine traumhafte Überfahrt unter Idealbedingungen. Die Sonne lacht, Wind vier aus Südwest und die Wellen sind nur noch 30-40 cm hoch. Toll, das Leben kann so schön sein!

Um vier Uhr bin ich in der Bucht vor Strande und berge die Segel. Ich würde mich eigentlich noch gerne etwas treiben lassen, um Klarinette zu üben. Im Hafen habe ich immer noch Hemmungen. Aber es wird ziemlich dunkel ringsherum. Ab 17 Uhr war Starkwind und Starkregen angesagt. So fahre ich lieber schnurstracks in den sicheren Hafen.

Um 16:30 Uhr laufe ich bei extremen Böen ein und suche nach einer freien Box. In solchen Situationen wäre es schön, als Fremder zu wissen, wo die großen und die kleinen Liegeplätze sind. Ich finde jedenfalls überhaupt keinen Platz und muss auf engem Raum wenden. Da erfasst mich eine Böe und drückt Gabis Bug weg. Ich kann nur noch schnell auf voll zurück gehen, habe aber einen Fischkutter dabei mit dem Bug gestreift. Dem hat das nichts ausgemacht und ich war froh um meinen Bugfender. Ein neuer Anlauf bringt mich zu Steg eins mit 18m langen Boxen. Ich muss den Wind beim Rangieren immer im Kopf haben. So gelingt mir die Einfahrt in die Box ganz gut, aber ich kann Gabi an den hohen Heckpfählen nicht anleinen. Nur mit Mühe kann ich das Boot an der Mittelklampe einer großen Yacht festmachen, sodass ich nicht auf den Steg donnere. Zwischendurch schiebe ich den Niedergang zu, aber es hat natürlich hereingeregnet. Ich verschwinde erst mal unter Deck, um den Spuk abzuwarten und mache die Schotten dicht. Schade, zehn Minuten früher wäre ich noch trocken angekommen. Aber ich bin ja froh, dass alles so gut geklappt hat.

Wind und Regen sind abgeflaut. So melde ich mich beim Hafenmeister, um nach einem passenden freien Liegeplatz zu fragen. Es ist ziemlich voll hier. Aber er hat mir einen Platz gezeigt und ich habe auch gleich das Liegegeld bezahlt. 4,50 € kostet der Platz. Das ist Rekord! Nebenan im Olympiahafen habe ich zehn, in Sønderborg 21 und in Kappeln 15 € bezahlt. Die Dusche kostet 50 Cent.

Nun warte ich einen günstigen Moment ab, um Gabi in die andere Box zu bringen. Solange tröte ich ein bisschen, weil die Nachbarn nicht da sind. Um sechs Uhr ziehe ich um und es läuft alles wie am Schnürchen.

Eigentlich wäre mir nach Pizza oder einem guten Griechen, aber ich habe noch so viel zu essen am Lager, dass ich glatt noch eine Woche dranhängen könnte. So wärme ich mir die dritte Portion süßsaures und lasse den Abend gemütlich ausklingen.

Hafentage

Samstag, 8. September

Um acht Uhr strecke ich die Nase aus der Luke und es ist klar, dass es heute ein gemütlicher Hafentag wird. Der Wind bläst böig, dazu ein ungemütlicher Nieselregen, der sich überall festsaugt. Selbst in der Kajüte ist alles klamm.

Nach einer Dusche gibt es Kaffee. Danach räume ich den ganzen Ballast aus, den ich bislang noch nicht gebraucht habe. Das Standup-board, einige Tupperdosen, den schweren Klappanker, einige Leinen, Klamotten und viele Kleinigkeiten. Ich passe eine trockene Periode ab und bringe das Zeug mit der Hafenkarre zum Auto auf dem Parkplatz in Schilksee. Das sind nur zehn Minuten zu laufen, an der Uferpromenade entlang.

Die nächsten Tage werde ich faulenzen und bis Donnerstag hier in Strande bleiben. Das Wetter ist mal regnerisch, mal trocken, aber ungemütlich kalt. Ich fahre einen Tag nach Kiel, mache einen Ausflug nach Schleswig und Eckernförde und ich spiele viel auf der Klarinette. Im Alltag  habe ich nicht so viel Zeit dafür wie jetzt.

Meine Bootsnachbarn haben mich beim Frühstück ermuntert, doch die Luke offen zu lassen, wenn ich Klarinette spiele, das sei gestern Abend so schön gewesen. Sie hätten ganz andächtig gelauscht. Das freut mich natürlich, aber ich spiele ja auch nur das tiefe Register und das gefällt mir sogar selbst schon recht gut. Wenn ich allerdings weiterkommen will, muss ich das üben, was ich noch nicht kann und das sind die höheren Register und so manche schwierige Griffe. Das hört sich dann zum davonlaufen an. Und wenn ich versuche besonders leise zu spielen, wird es noch schlimmer. Aber das Lob tut dennoch gut.

Mittwoch, 12. September

Schon wieder Regen! Heute werde ich an Bord bleiben. An der Promenade esse ich Pommes mit Matjeshering. Gegen 19 Uhr fahre ich nach Kiel. Wolfgang kommt um 21:45 Uhr am Hauptbahnhof an. Zuvor tanke ich und suche mir ein Restaurant. Schließlich lande ich bei einem Edeltürken im Bahnhof und esse eine gemischte Grillplatte. Dann übe ich noch eine Stunde Klarinette (die habe ich mir mitgenommen) im Auto und hole Wolfgang ab.

Nach einem Bier an Bord gehen wir schlafen.

Zu zweit auf 5,50 m

Donnerstag, 13. September

Wolfgang will in einem Rutsch nach Sønderborg und das bei vorhergesagten zwei Windstärken. Ich glaube noch nicht daran. Wenn wir bei der Flaute bis Maasholm kommen, wäre das schon gut.

Um 11 Uhr laufen wir aus und dümpeln mit einem Knoten dahin. Wir schalten den Motor dazu und hoffen auf mehr Wind, wenn wir draußen sind. Und es dauert auch nur eine halbe Stunde, bis der Wind einsetzt und wir den Motor zum schweigen bringen. Eine gute zwei bringt uns auf dreieinhalb Knoten im Halbwind Kurs. Gegen 15:30 passieren wir die Schleimündung. Der Wind hat auf 3-4 Windstärken zugelegt und so fahren wir durch bis Dänemark. Unser Ziel ist die Bucht östlich von Sønderborg.

Es zeigt sich wieder einmal, dass es beim Segeln immer wieder anders kommt, als gedacht. Es war ein Trip wie aus dem Bilderbuch. Wäre ich alleine gewesen, dann wäre ich bei so wenig Wind gar nicht ausgelaufen.

Um 20:00 Uhr werfen wir neben dem Hafen von Horup auf 1,5m Wassertiefe den Anker. Der hält im Seegras zwar nicht sonderlich gut, aber bei so wenig Wind traue ich mich das. Neben uns arbeitet ein Baggerschiff die ganze Nacht durch. Am Abend bereiten wir uns die vorbereiteten Rouladen von Gabi mit Reis und Nudeln. Dazu ein Bier. Es war ein richtiges Festessen.

Um 21 Uhr sind wir hundemüde und kriechen in die Koje.

Freitag, 14. September

Um acht Uhr frühstücken wir die Brötchen von gestern, um 8:45 gehen wir ankerauf, zunächst unter Motor, bis wir Kurs 145 Grad Richtung Maasholm absetzen können. Der Wind weht mit 4-5 aus SW. Wir fahren also leicht am Wind. Wir legen das Reff ins Großsegel und fahren mit halbem Vorsegel genau so schnell, aber ruhiger, als mit Vollzeug. Wir testen den Wendewinkel aus und kommen auf 80 Grad. Als ich alleine gefahren bin, kam ich auf 120 Grad, weil Gabi extrem stark krängte. Es ist bemerkenswert, was 100 kg mehr Gewicht auf der hohen Kante bringen. Wenn ich alleine bin, müsste ich also bei am Wind Kursen entweder zusätzliche Gewichte auf die hohe Kante bringen oder ein zweites Reff einnähen lassen. Jedenfalls haben wir beide in den letzten zwei Tagen seglerisch viel dazugelernt, weil Gabi auf Segelveränderung oder Gewichtsverlagerung schnell reagiert und wir so die optimalen Bedingungen austesten können.

Um 14:30 sind wir in Maasholm, gehen erst auf die Toilette und essen dann einen leckeren Backfisch mit Pommes bei Petersen. Anschließend mache ich ein Nickerchen, spiele Klarinette, während Wolfgang die Gegend erkundet und die Ruhe auf sich wirken lässt.

Wir laufen noch zusammen am Vogelschutzgebiet entlang und am Abend wärmen wir die restliche Roulade mit dem Reis.

Zu zweit an Bord klappt es besser, als ich dachte. Aber so richtig zum Wohlfühlen ist es zu eng. Da sind auch noch einige Änderungen vorzunehmen:

  • Die Toilettentüre werde ich ausbauen und durch einen Vorhang ersetzen. Die Toilette muss ohnehin so gestellt werden, dass die Füße im Salon stehen. Bei geschlossener Türe ist die Toilette für erwachsene Normalwüchsige jedenfalls nicht zu benutzen.
  • Im Toilettenraum ergibt sich so Platz für ein 30cm tiefes Regal. Das bringt uns Stauraum für so viele Kleinigkeiten.
  • Den 8Kg Klappanker will ich durch einen 6Kg Klappanker ersetzen, Weil der große Anker nicht in den viel zu kleinen Ankerkasten passt. Dadurch habe ich in der Backskiste mehr Platz für Leinen und die Werkzeugkiste.
  • Ich halte Ausschau nach einer Kühlbox, die mit 220 und mit 12 Volt, aber auch mit Gaskartuschen läuft. Dann wäre ich mindestens für 4-5 Tage autark. Hängt die Box an der Batterie sind die 150 Ampere schnell leergesaugt.
  • Die Bimini ist so nicht zu gebrauchen, weil der Baum bis zum Achterstag reicht. Ich muss also Achterstag abklemmen und den Baum auf die Seite binden, um die Bimini zu öffnen. Außerdem habe ich sie geschlossen an das Achterstag gebunden und das tut dem Stag bei Seegang gar nicht gut. Die Lösung wäre eine Anfertigung: achtern mit festen Stützen ab dem Stag. Nach vorne wäre ich mit 70cm zufrieden. Das könnte gerade so reichen, wenn ich ein Reff eingebunden habe. Den Rest muss ich mit beweglichem Schattentuch nach Bedarf abdecken.

Samstag, 15. September

Unser letzter Segeltag. Gemeldet ist regnerisches Wetter ab elf Uhr bei schwachem Westwind. Um acht Uhr segeln wir los und bekommen nach einer Stunde schon unsere erste Dusche von oben. Gut, dass ich meine Schwerwetterkleidung nicht schon ins Auto gepackt habe. Aus der Kieler Förde heraus kommen uns 15-20 Traditionssegler entgegen. Ach ja, da habe ich etwas von einer Regatta von Traditionsschiffen gelesen. So viele in einem Pulk habe ich noch nie gesehen. Es ist schön, sie so nah zu sehen.

Gegen Mittag laufen wir im Hafen von Strande ein und belegen den alten Platz. Wir klaren das Schiff auf, schlagen das Vorsegel und das Großsegel samt dem Baum ab und verstauen alles im Auto. Am späten Nachmittag fahren wir mit dem Auto nach Holtenau. Ich möchte mir den Nord-Ostsee-Kanal mal aus der Nähe betrachten. Als wir an der Besucherplattform ankommen, läuft gerade ein Containerriese aus der Schleuse in die Förde und kurz darauf fährt ein Kreuzfahrtschiff in die Schleuse ein. Der Wasserstand ist hier sehr gering. Oft nur wenige Zentimeter. Deshalb werden viele Schiffe während des Schleusens mit Lebensmittel und Material versorgt.

Der NOK war ein interessanter Abschluss. Als wir zurück sind duschen wir und gehen im Aqua-Restaurant gegenüber dem Hafenmeister gut essen.

Sonntag, 16. September

um halbsieben stehen wir auf, packen unsere Klamotten und trinken einen Kaffee. Wir wollen uns beeilen und gegen neun uhr auf achse sein, damit wir noch ohne Stau durch Hamburg kommen.

Wolfgang fährt das Boot hinüber nach Schilksee, weil dort die Slipanlage besser ist. Ich fahre mit dem Auto und bringe den Trailer an die Rampe.

Schließlich dauert es doch fast drei Stunden, bis wir abfahrbereit sind. Dafür habe ich eigentlich nur eine Stunde veranschlagt. Von Freunden weiß ich, dass sie ihr Boot in nicht einmal einer halben Stunde geslippt und transportklar hatten. Da muss ich mal zuschauen, wie das die erfahrenen, alten Hasen machen.

Schließlich kaufen wir noch ein paar Brötchen und Coffe to go für den Weg, im gerade geöffneten Imbiss noch ein leckeres Fischbrötchen und sind gegen 11 Uhr auf Achse. Gegen 20 Uhr kommen wir in Kleinwallstadt an. Gabi empfängt uns mit einem liebevoll zubereiteten Sauerbraten mit einer Sauce zum darin baden.

Mein Fazit zum neuen Boot:

Sechs Meter laufen gegen Wind und Wellen natürlich unruhiger als sieben Meter Länge. Bei Wellen über 80cm gegenan bleibt man besser im Hafen. 850 Kg liegen schneller auf der Seite und reagieren empfindlicher auf Gewichsverlagerungen und Änderung der Segelstellung als bei einem 1600 Kg schweren Schiff. Aber wenn man sich daran gewöhnt hat und mit dem Schiff umzugehen weiß, lässt es sich zu zweit sehr gut, alleine noch gut segeln.

Bei Am Wind Kursen sollte man frühzeitig reffen. Wenn wir das Ankerproblem gelöst, die Regale im Toilettenraum eingebaut und den Wasserablauf vom Spülbecken mit Durchlass installiert haben, sollten wir es zumindest für ein paar Tage an Bord aushalten. Ein Wohlfühlschiff wie unsere INA wird es wohl nicht werden. Dafür reicht die Größe nicht. Aber dafür haben wir ein kleines, handliches Boot, das ich alleine und mit etwas Übung in kurzer Zeit aufriggen kann und das hoffentlich oft genutzt wird. Die Zukunft wird es zeigen.